Mittwoch, 2. Juni 2004

Harry Vor-Premiere London 2004













Believe in Magic (Teil I)

Abenteuer Harry Premiere in London….eine Woche davor….
Mein Horoskop (spaßeshalber gelesen) stellt fest, dass Sonntag (DER Sonntag) mein „schlechtester Tag der Woche“ sein wird.
Später verletze ich mich bei intensivem Rasenmähen um ein Haar, und wir umschiffen eine drohende Darmgrippe ebenfalls um Haaresbreite.

Nicht die besten Vorzeichen für unsere Londonreise. Was soll man machen?
Da hilft nur tief durchatmen, Koffer packen und trotzdem fahren bzw. fliegen.

Für mich und meine Aufregung war es definitiv ein Problem, dass diesmal die Weltpremiere bereits in New York stattgefunden hat; Fluten von Berichten, Fotos, Videos haben mich dermaßen überrollt (na gut, ich geb´s zu – ich hab´ mich überrollen lassen), dass ich kaum noch einen klaren Gedanken fassen kann und nur noch herumzittere. Wenn es schon in New York ein solcher Hype war – wie soll das dann erst in London werden? Was für eine Chance hat man da überhaupt?
Also gut – für den letzten Tag vor unserer Abreise habe ich mir daher absolutes Lese- und Schauverbot verordnet.
Erstmal den Gedanken an Sonntag schön vorsichtig im hintersten Gedächtnisstübchen verstauen, sonst stolpere ich buchstäblich hinein in dieses Abenteuer, ohne genügend vorbereitet zu sein.

London.
So faszinierend wie jedes Mal!
Diesmal ist auch meine Family fast komplett dabei, ich bin froh!
Wir kommen Freitag abends an und leisten uns erstmal eine luxuriöse Fahrt in einem der typischen Londoner Taxis zu unserem Hotel im Zentrum.
Ein Erlebnis der besonderen Art – wie ich finde halsbrecherisch rauschen wir durch den irrsinnigen Verkehr, Busse vor, hinter, zwischen uns, das alles linksherum!
Etwas schwindelig, aber wohlbehalten steigen wir direkt vorm Hotel aus und sind da.
Einchecken und los geht´s ohne schuldhaftes Zögern zum Leicester Square. Viel können und wollen wir eigentlich zu dieser späten Fastmitternachtsstunde eh´ nicht mehr unternehmen. Also schon mal einen kleinen Blick auf den späteren Schauplatz werfen.
Kaum angekommen überfallen mich ganz pünktlich wieder Herzklopfen und Bauchgrummeln. Jetzt schon ! O nein! Noch jede Menge Zeit bis Sonntag!
Das Odeon ist schon mit meterhohen überlebensgroßen Harry Postern geschmückt. Ansonsten sind keine Aufbauten zu erkennen. Auch keine Lagerstätten von vielleicht schon Schlange liegenden Fans. Das ist etwas beruhigend, aber wer weiß, wie es morgen Abend hier aussieht.
nicht dran denken….nicht dran denken….

Was tun wir? Heute abend ist noch ein ganz normaler Kinotag im Premierenkino, für jedermann frei zugänglich, auf dem Plan steht “Troy“ – Troja!
Den Film wollten wir uns sowieso ansehen, und hier gibt´s ihn in der Originalfassung – perfekt! Einziges Haar in der Suppe: Er wird erst gegen 2.30 Uhr zu Ende sein, und das ist ja schon heftig früh – äh spät!
Na ja, sind wir fit genug?
Wir denken ja! Außerdem ist es schließlich ein besonderes Bonbon, den Ort der Premiere mal ganz persönlich und in aller Ruhe in Augenschein zu nehmen!
Also hinein!
Im oberen Bereich, einer Art Balkon, gibt es fast tausend (!) Plätze, darunter, in den „Stalls“, noch mal soviele.
Ein Blick zeigt uns: wer hier oben sitzt, hat so gut wie keinen Blick auf die darunter liegenden Plätze – und umgekehrt genauso.
Ob man da bei der Premiere das eine oder andere bekannte Gesicht finden würde? Na ja, mit Glück vielleicht.

Nun – das ist ja auch nicht unser Problem und heute konzentrieren wir uns erstmal auf Troja!
Kurzfristig wieder Bauchkrämpfe vor Aufregung: Harry Trailer im Vorprogramm…habe ich bisher noch nicht im Kino gesehen….und wow….amazing! Rasch noch mal tief durchatmen….irgendwie ablenken….
Troja….bläst uns glatt von den Sitzen!
Nebenbei gesagt – wir finden, Orlandos Rolle ist auf jeden Fall eine Schlüsselrolle, er ist durchweg präsent und nicht nur in ein paar wenigen Szenen vorhanden, wie oft behauptet wird! Eben wundervoll! Wie immer! Und auch ein wenig naiv! Wie oft! Aber sehr süß!
Also zurücklehnen im Sessel und ablenken lassen und entspannen!
Soweit das bei diesem Film möglich ist….Hm….wer mag genau hier wohl schon gesessen haben bei den Premieren ….oder noch sitzen. Aber der Sessel bleibt stumm – wie dumm!
Also wie war das….ablenken.
Richtig!
Ist auch einigermaßen gelungen, und pünktlich um halb drei tauchen wir ein wenig benommen aus der Antike wieder in die Gegenwart auf.
Wenn wir gedacht haben, dass sich London zu so später Geisterstunde auf seine verdiente Nachtruhe vorbereitet und wir durch dunkle Straßen nach Hause schleichen müssen, haben wir uns geirrt, und zwar gründlich!
Am Leicester Square und Piccadilly Circus ist die Hölle los. Die Straßen sind mehr verstopft als tagsüber, Die Plätze überflutet von ausgeflippten, top gestylten Nachtschwärmern. Irgendwelche Leute schreien, rennen, sieht aus wie eine Verfolgungsjagd. Verfolgungsjagd?
Wir sind uns nicht sicher, ob dies hier eine Art Straßentheater ist oder Ernst? Vorsichtshalber steuern wir mal sehr zielstrebig und direkt auf unser Hotel zu. Allerdings tauchen überall, wo wir gehen, diese besagten Renner und Schreier auch wieder auf. Das ist mir etwas unheimlich. Jemand neben uns kurbelt ein Autofenster runter „Nice film?“ (Wir haben noch Popcorn und Colabecher unter die Arme geklemmt)!
Das krieg ich allerdings nicht richtig mit, es ist das erste Mal, dass ich mich nicht ganz sicher hier fühle.
Übertrieben?
Egal – ich bin jedenfalls rechtschaffen froh, als wir uns endlich auf unser Hotelbett fallenlassen können, noch dazu wirkten die langen, menschenleeren Hotelflure, Aufzüge und Treppen auch nicht gerade vertrauenerweckend.
Aber ich bin eben doch ein Angsthase!
Noch ein kurzer Kampf mit der englischen Bettdecke – die wird mir immer ein Rätsel bleiben - und schon geht´s zum nächsten Tagesordnungspunkt: Einschlafen.

Der nächste Morgen bringt uns wieder näher an den Sonntag….zitter....
Nochmal ablenken; Frühstück ist angesagt. Diesmal nicht im Hotel – fanden wir voriges Mal nicht so prickelnd, sondern irgendwo in der Stadt. Da gibt´s ja 490 000 Möglichkeiten. Ich schlage mal „Garfunkel“ vor, hab´ ich am Leicester Square gesehen.
Was für ein Abenteuer ich mir mit dieser spontanen Entscheidung selbst verschafft habe, werde ich gleich feststellen. Es muß eine Art Eingebung gewesen sein oder irgendetwas in der Art. Keine Ahnung!
Wir schlendern nichtsahnend und völlig unbedarft wieder am Odeon vorbei.
Was ist das? Lange Menschenschlangen, die drinnen verschwinden, und ich sehe Harry Tickets aufblitzen.
Nanu?
Auf meine Frage erhalte ich das übliche „Invited only“. Aha – so schnell aufgeblitzt wie abgeblitzt. Fühlt sich vertraut an.

Während ich noch so dastehe und überlege, wer hier wohl (ein)geladen ist, glaube ich plötzlich meinen Augen nicht zu trauen: zwischen den verschwindenden Schlangen stehen Alfonso Cuaron und David Heyman….Alfonso Regisseur des aktuellen Films und David der Produzent über Jahre schon…. – in Jeans und T – Shirt und sehen aus wie Schuljungs in der Pause.
Das ist ja....
Eins weiß ich: Wenn ich diese Gelegenheit nicht beim Schopfe fasse (nur bildlich natürlich), werde ich mich noch mindestens 9 ¾ Tage darüber ärgern ! Mindestens! Wenn nicht länger!
Also los!
Irgendwann muß ich schließlich einmal heraus aus meinem Schneckenhaus und etwas wagen. Mental auf unsere Tochter gestützt, die nicht vollkommen im Bilde darüber ist, wen wir hier vor uns haben (kein hardcore Fan), aber vollkommen bereit, alles zu wagen, schleppe ich mich langsam auf die Beiden zu. Es muß aber wie ganz normales Laufen ausgesehen haben, und sie widmen sich sofort ganz und ausschließlich uns.
Zugegeben, die Frage nach Tickets ist nicht gerade unsere genialste Idee, aber sie ist ein Anfang, ein Opener sozusagen. Und was für einer! Beide sind sofort Aug´ und Ohr und erklären uns ausführlich, dass hier die Cast – und Crew Premiere stattfindet und es leider, leider nicht mal genügend Karten für die Angehörigen aller Mitarbeiter gäbe, obwohl man schon alle verfügbaren Kinos am Leicester Square gebucht hat.
Ob Tickets oder nicht – das kann ich im Moment sehr leicht verschmerzen.
Ich bin in erster Linie fasziniert – total und vollkommen fasziniert – die Beiden strahlen eine solche Fröhlichkeit, Herzenswärme und Intensität aus! Völlig unkompliziert, offen und wirklich herzlich. Ich kann mir so was von gut ausmalen, wie perfekt es sein muß, mit ihnen zusammenzuarbeiten.
David sehe ich als eine Art Vater von „Filmharry“, schließlich hat er als Produzent das Mammutunternehmen und die Faszination von Anfang an federführend geleitet.
Jetzt oder nie: „ I really enjoyed the films….amazing....“ ich komme ins Schwärmen….“ Thank You very much….“ Vielleicht auch wieder nicht sehr originell, aber wenigstens das wollte, mußte ich loswerden! Wir kommen ins Gespräch über die Teaser, Trailer, Ausschnitte, die es schon so zu sehen gibt. Erst gestern durften wir vor „Troja“ ja wieder eine Kostprobe genießen! Phantastic! Die Beiden strahlen, und David klopft Alfonso auf die Schulter: „ Na – wir haben ja auch einen phantastischen Regisseur!“
Der neue Film wäre etwas anders als die bisherigen („There´s a developement….)
Tröstend meint David, wir könnten uns den Film ja schon Montag ansehen (ab Montag 9.00 Uhr laufen in England die offiziellen Previews.). Hm, leider sind wir aber dann schon wieder auf dem Heimweg! Heimweg? Wohin? Germany – ah – da brauchten wir ja auch nur noch bis Donnerstag warten! Stimmt – so gut hat er alle Daten im Kopf?
Schließlich erkundige ich mich noch, wann morgen die Premiere anfangen wird (wo sollte ich es besser erfahren können als hier?).
Aha: Ankunftzeit ist etwa ab 16.30 Uhr, Start der Filmvorführung um 18.00 Uhr.
Ich hätte noch tausend Fragen, aber zum einen kommt es mir so vor, als würden wir schon ewige Zeit hier stehen, und drinnen hat sicher schon der Film angefangen?
Außerdem ist mir, als würde ich langsam aber ganz sicher an meine emotionalen Grenzen stoßen, äußerlich erstaunlich ruhig, aber innerlich ein einziger Tumult…. Das Ganze ist einfach zu unglaublich….
Sie lassen uns aber nicht gehen ohne nochmal ein extra „Thank You very much for coming….!“

Irgendwie kommen wir bei „Garfunkel“ an. Wir lassen uns an einen Platz geleiten....Speisekarte….ich sehe wohl die Worte, aber ihr Sinn bleibt mir verborgen….“English Breakfast“? Dann fällt mir ein, dass ich ja vor aller Aufregung nicht mal an ein Autogramm gedacht habe....oh wie kopflos wieder mal…vielleicht sind sie noch da?
Ich schnappe mir alle Utensilien und verlasse fluchtartig den Raum („….bestellt´ mir irgendwas….“). es sind nur ein paar Schritte.
Aber natürlich ist niemand mehr da, es standen ja auch vorhin schon keine Fans mehr draußen und angefangen hat die Vorführung drinnen sicher auch schon!
Also wieder unverrichteter Dinge zurück an unsern Tisch!
Halb so wild…im Verschmerzen bin ich schon ganz gut…und außerdem kann ich nun soviel mehr wahrhaftig nicht verlangen!
Was war mein letzter Gedanke vorhin? Das Ganze ist einfach unglaublich….
Mein Teller steht schon vor mir….Rührei? Kartoffelecken? Würstchen?
Ich stehe äh sitze irgendwie neben mir. Ist das eben wirklich passiert? Was für eine Sensation war das? Welche Hindernisse muß man normalerweise überwinden, um beispielsweise einen einfachen Interviewtermin zu bekommen? Hätte ich mir jemals träumen lassen, dass genau das passiert, was eben passiert ist?
Tee? Tee…Ja!
Was für ein Zufall – viele Zufälle! Irgendjemand scheint zu wollen, dass ich wahrhaftig nicht vergeblich hier bin.
Schlucken…geht nicht….mein Hals ist wie zugeschnürt, und ich fange an zu zittern. Dunkel dämmert es mir, dass ich wohl so eine Art Schock habe. Keine Absperrungen, kein Warten, keine Security , keine kreischende Menge – ich bin nicht „geladen“, habe auch keine „Beziehungen“ (ich Armes!) und trotzdem …ganz einfach fällt mir so ein Geschenk in den Schoß....wie verrückt, aber ich muß plötzlich hemmungslos schluchzen. Die Kellnerin sieht mich etwas besorgt an, als sie den Zucker bringt, und alle fragen vorsichtig und voller Verständnis: “…aber es geht Dir nicht wirklich schlecht, oder?“ Ich kann erstmal nur stumm den Kopf schütteln und immer noch kein Ei ´runterwürgen. Es geht mir gut, sehr gut, aber ich bin ohne Ende gerührt….
Nur gut, dass mir das erst hier passiert und nicht vorhin….

Bezahlen…unsere Zwanzig Pfund Note, die wir in Deutschland gerade erst getauscht haben, ist nicht mehr gültig. Wie? Das ist uns irgendwie noch nie passiert! Wir lassen es uns genau erklären, scheint ein Fehler unserer Bank zu sein. Ganz ausnahmsweise darf der Geldschein aber noch angenommen werden. Die Kellnerin ist auch ganz „confused“ und gibt uns aus Versehen sogar ihr Trinkgeld zurück.

Wir gehen ´rüber zur Oxford Street, durch liebliche Gässchen in Soho mit Marktständen, die aber für mich ganz und gar durchsichtig sind. Ich wandere herum wie in Trance.

Gegen zwölf sind wir wieder zurück am Kino, ich bin wieder einigermaßen fit und vielleicht – ich meine…doch noch eine zweite Chance?
Die Türen öffnen sich, David kommt als einer der ersten heraus, drückt hier jemanden, verteilt dort Küsschen und strahlt wieder.
Tief durchatmen und tatsächlich fragen, ob er…“Oh - Sure“! „I forgot it altogether!“ „No problem!“ Wieder Strahlen! Er schreibt sogar eine Widmung mit Namen und den Satz
“BELIEVE IN MAGIC!”
Believe in magic. Believe in Magic! Believe....
Und noch mal bedankt er sich, legt seine Hand auf meinen Arm und strahlt mich an!
Wow. Mehr kann ich denn nicht mehr sagen.
Auch mein Alfonso Autogramm bekomme ich ohne Probleme.
Und es soll noch schlimmer kommen.
Dies ist eine Cast and Crew Premiere, und dabei sind deshalb natürlich auch Mitglieder des „Cast“. Daran habe ich vorher mit keiner Wimper gedacht.
Als erste erkenne ich „Crabbe“, „Neville“ und „Seamus“. „Percy“ ist auch da und einer der beiden Zwillinge. Ich bin allerdings so verwirrt, dass ich nur zu 99,5 Prozent sicher bin, ob er es auch wirklich ist?
Das restliche halbe Prozent kommt aber umgehend auf uns zu gewandert.
Teilweise sind auch die Eltern dabei – unverkennbar übrigens – und alle sind sofort bereit für Fotos, einen kleinen Talk usw.
Und noch jemand ist dabei: Die Doubles des berühmten Trio + Draco. Unverkennbar wie ich meine….

Meine eigene ganz persönliche Vorpremiere habe ich damit heute schon gehabt und ohne Ende genossen,
Was es auch immer morgen zu erleben gibt (oder auch nicht) – I believe in Magic!

Teil II folgt!