Donnerstag, 8. Juli 2004

08.07.2004 The Calling in Köln – und ich habe wieder was dazugelernt!





Einige Jahre hat es gedauert, aber hier und jetzt und auch nur hier und heute ist es endlich soweit: Geduld wird doch belohnt - The Calling in Deutschland! In Köln, genauer gesagt – und noch genauer: im Gloria Theater!
Ach ja ….Erlebnisse wie dieses füllen meine Batterien erstaunlicherweise immer wieder bis zum Anschlag auf und leeren im Gegenzug meine Kasse empfindlich – auch bis zum (unteren) Anschlag!
Besonders, wenn wir wie diesmal wieder im Hyatt wohnen – aber ein bisschen Luxus muß sein! Und vielleicht die Aussicht auf ein Frühstück mit TC persönlich. (Hoho)!

Das Gloria Theater finden wir mit Stadtplan ohne Mühe ….gegen 16.00 Uhr ist hier noch alles vollkommen ruhig und harmlos. Fein!
Eine Stunde später denke ich, man könnte ja vielleicht mal nachfragen, wann und wie der Einlaß geplant ist oder sogar schon mal einen Blick in die heiligen Hallen werfen?

Und dann der Hammer – No The Calling Concert hier!
Zu wenig Platz im „Gloria“! Das Konzert wurde verlegt!
VERLEGT????
Zum Glück nur der Ort – nach Köln Ehrenfeld!
Alarm!
Und holterdipolter weiter zur Live Music Hall – in der Lichtstraße, die sich als ziemlich trister Weg zwischen lauter düsteren Fabrikhallen entpuppt (da wollte man der Straße wohl mit dem Namen etwas mehr Glanz verleihen!)!
Aber wohl ein sehr kultiger Ort und stadt- sowie szenebekannt – und am Ende in einer Kurve der „Lichtblick“: Ein schnuckeliges Bistro mit Lichthof, das wiederum seinem Namen alle Ehre macht!
Dorthin flüchte ich mich erstmal!
Vor der Live Music Hall hat sich nämlich schon ein mittelgroßer Pulk Fans versammelt, und zwischen all´ den Kiddies würde ich ja glatt wie ein Zombie wirken! Will ja niemanden verschrecken!!
He - wieso bitteschön kann ich mich nicht schlicht und einfach auch mal für jemanden wie Udo Jürgens oder Michael Holm oder sonstwen begeistern, gegen die ich dann auch mal junghüpferhaft wirken würde?

Aber egal, darauf kann ich natürlich in so einem Sonderfall keine Rücksicht nehmen!
Nachdem der erste Ansturm drinnen ist, schreiten auch wir ganz gelöst (ähem – mehr oder weniger) zum Einlaß!
Eine Dame entfernt zunächst einmal freundlich, aber bestimmt, alle Getränke aus unseren Taschen.
So abgerüstet dürfen wir über einen etwas schmuddeligen Innenhof eine Art Fabrikhalle betreten.
Es ist voll – sehr voll, aber jetzt noch alles etwas locker – und keine weiteren Absperrungen!

Nun also wieder das altbekannte Warten….fällt mir hier irgendwie schwerer als woanders, keine Ahnung, warum!
Und endlich, endlich - schon fast eine halbe Stunde über die „offizielle“ Startzeit – die Lichter flackern….Kreischen….Toben….
Einen Herzschlag lang überlege ich, wie ich wohl darauf reagieren werde – 3 Jahre lang auf diesen Augenblick gewartet und jetzt ist es gleich soweit!!!! Muß ich mir Sorgen um mein Wohlergehen und Aufrechtstehen machen?

Nein, wenigstens jetzt noch nicht, denn:
Fünf Typen stürmen auf die Bühne – allerdings: nie gesehen, nie gehört, aber offensichtlich mit dem Auftrag, unsre Trommelfelle zu ruinieren, wie sich gleich herausstellen wird! Die sogenannte Vorgruppe („ZED“)!
(Klar, hätt´ ich wissen müssen!)
Die Musik – eigentlich eher ein einziger faszinierender Lärm!! Der „Gesang“ – ein endloses Kreischen mit hin und wieder verständlichen Lauten (Worten?)!
Ich lerne.
Lerne, was „ohrenbetäubend“ bedeutet; lerne, dass es wohl nirgendwo einen so großen Unterschied zwischen Live- und Studiomusik gibt!
Natürlich, hätte ich auch wissen müssen! Dies ist allerdings mein erstes „wahres“ „Rock“konzert – und da geht es anders zur Sache als bei allem anderem, das ich bisher genießen durfte!

Um mein restliches Gehör für den heiß ersehnten TC Genuß erstmal in Sicherheit zu bringen, entschließe ich mich, doch wenigstens das eine Ohr durch festen Fingerdruck abzuschotten, auch wenn das nicht allzu cool aussieht!

Lärm hin – Krach her – “ZED“ schaffen es, die Stimmung schon mal zum Kochen zu bringen! Perfekt! Jetzt kann es gleich nahtlos übergehen zum….
Von wegen!
Die Jungs stürmen von der Bühne und danach wird erstmal abgebaut! Sogar der Bodenbelag wird aufgerollt und weggetragen (?), während die Stimmung langsam aber sicher wieder dahinebbt (was bitteschön hat das Ganze damit eigentlich für einen Zweck gehabt?)….und es dauert dauert dauert…wieso eigentlich?

Und dann – dann ist es doch unglaublicherweise soweit – Alex steht tatsächlich mitten auf der Bühne – ich fass´ es nicht – aber keine Bange, - rasch durchgecheckt, Puls gefühlt - ich bin noch relativ bei Bewußtsein!

Nichts kann uns und ihn jetzt noch stoppen! Und auch nicht die neuen Bandmitglieder! Die werfen sich quasi auf ihre Instrumente und bearbeiten sie, was das Zeug hält !
Der Geräuschpegel von vorhin ist ohne Mühe in Sekunden wieder hergestellt!
Und Alex am Mikrofon im Zentrum des Hexenkesssels….singt…aber….
Seine faszinierende Stimme, die die TC Musik so unverwechselbar macht….hallo? Wo ist die? Ist er das tatsächlich, der stellenweise ins Mikro schreit?
Gelegentlich blitzt die Einzigartigkeit zwar auf, wenn die Bässe und Drums für einen Augenblick ins Hintertreffen geraten….aber sie holen leider allzu schnell wieder auf !
Hilfe!
Mistmistmist – kann man denen nicht einfach die Kabel durchschneiden????
Verzweiflung!
Kann er nicht einfach a capella singen – ohne alle diese lauten Teile, nur „Alex pur“?
Aber es gibt kein Erbarmen.
Seufz.
Und meine ganz besonderen Lieblinge („Wherever You Will Go“, „Could It Be Any Harder“)….geradezu entstellt!

Ich muß schon sagen, ich bin ein wenig verschnupft.

Aber wie schon festgestellt – es gilt, etwas Neues zu lernen!
Okay, akzeptiert – wenn auch mit Zähne/Ohrenknirschen.

Den Ohrenschmauß kann ich mir also abschminken.
Bleibt der Augenschmauß – und dem darf ich mich ganz und gar und massiv hingeben!

Alex – ich muß es wiederholen….3 Jahre lang heiß ersehnt und jetzt nur wenige Meter vor mir – unglaublich!
Wie frisch aus einem Bilderbuch entschlüpft – „beautiful“ ist wohl das einzige passende Wort! Selbst “attraktiv“ wäre eine grandiose Untertreibung!
Das muß man doch zugeben, auch wenn die Geschmäcker verschieden sind oder????
Und er ist jemand, der „live“ haargenauso aussieht wie auf Konservenbildern – keine Selbstverständlichkeit!
Den typischen „Jumper“ (diesmal knallrot) wirft er schon nach dem zweiten Song von sich .- wer könnte das auch länger aushalten in so einem Schwitzkasten! Dazu die üblich knappe Jeans, diesmal richtig wüst abgewetzt mit Löchern und Farbkleksen – äußerst kreativ!
Und – er kann sich auf der Bühne bewegen – keine Frage!
Schließlich steht er als Einzelkämpfer seit Aaron´s Rückzug in den kreativen Hintergrund jetzt als Einziger im Blickpunkt.
Und muß auch als einziger den Kontakt mit dem Publikum aufnehmen.
Oh ja …bitte….schmacht….
Aber bei aller Verehrung….für mich fehlt dabei dann doch das letzte Quentchen Herzlichkeit, das meist verantwortlich dafür ist, das der berühmte Funke überspringt, sodaß man unumstößlich weiß, er will dieses Konzert und dieses Publikum hier und jetzt und nichts anderes auf der ganzen weiten Welt in genau diesem Moment!
Es ist wie….hm…einstudiert, nicht unehrlich, aber eben...auch nicht spontan. Es bleibt eine gewisse Distanz.
Für mich wirkt er manchmal sogar ein bisschen abwesend, sagt artig ein paar Worte an die Menge, auch „Dankeschön“ – aber auch ohne weiteres Federlesen „By – see you next time“!
Natürlich bringen ihn die Zugabeschreie der Menge zurück – zweimal sogar, aber das ist auch genauso geplant – kein Zweifel!

Ein bisschen albern, oder?
Ich hoffe, ich tue ihm nicht bitter unrecht, aber ich werde das Gefühl nicht los, als sei dieses Konzert genau das, was es ja auch ist – eines von vielen.
Moment mal - für mich ist es das aber bei weitem nicht, ich sei denn, ich schleppe mich ins europäische Ausland oder direkt in die USA!
Hallo? Ist Dir das eigentlich klar, Alex?
Wahrscheinlich bin ich aber einfach nur schwer zufrieden zu stellen (und ohne Ende verwöhnt durch zahllose Kellykonzerte), aber es schmerzt, und trotzdem oder gerade deshalb verlangt mein verwirrtes Ich dringend nach einem neuen Konzert, einer Chance, meine Feststellungen zu verbessern, zu ändern oder sonst was! Vielleicht hat er nur einen schlechten Tag gehabt! Ich MUSS überprüfen, ob ich mich nicht vielleicht doch irre! Aber Hilfe! Weit und breit ist ja kein zweites erreichbares Konzert in Sicht!

Grübel….grübel….allerdings fällt mir noch etwas anderes ein:
Stimmt – Alex wirbelt genauso wie heute schon seit Jahren lautstark über die Bühnen dieser Welt, aber im Grunde seines Herzens ist er schlicht und einfach ein wenig….schüchtern.
Er ist nicht der Aufreißer, der Rockstar, der Hotelzimmer demoliert und pausenlos Groupies abschleppt. Das weiß man einfach, wenn man alle erreichbaren Interviews und Auftritte verfolgt - und wenn ich ihm hier vor der Bühne in die Augen sehe, ist das alles auch absolut glaubwürdig!
Er hat einfach etwas…. Zurückhaltendes.
Wie ohne Ende süß und widersprüchlich ist das? Zum Herzen und Drücken! Mein Baby!
Und noch etwas: seit Jahren veröffentlicht er treu und zuverlässig im Internet ein Tourtagebuch für die Fans – so wie er alles aus seiner Sicht erlebt mit kleinen Anekdötchen und Hintergrundinfos…so zauberhaft geschrieben und zu lesen, dass glatt ein paar Tränen fließen könnten!
Beispiellos, finde ich, und mit ein Grund, warum er und kein anderer mich heute hierher gebracht hat.

Kaum zu glauben – aber alle diese Gedanken gehen mir in dieser Stunde durch den Kopf. Mehrmals bin ich drauf und dran laut loszulachen – über mich – über meine Lage, seine Lage….
Hallo – Geli? Ist das dein Ernst? Eine Art Analyse? Hier? Und jetzt?
Jawohl - und das „geht“ nur hier und jetzt – vor Ort und mitten im höllischen Dröhnen der Boxen und mit ihm genau vor meinen Augen.
Es ist, als hätte ich die Chance, hier sehr viel mehr mitzubekommen als ein Konzert.
Ich krieg´ nicht nur einfach ein paar Lieder vorgesungen, denn wenn ich genau hinsehe, lerne ich Alex kennen, fast besser als hätte ich ihn persönlich getroffen (hoho – ist wohl Neid der Erfolglosen….), aber im Ernst.
Na gut – ich gebe es zu – fühle mich ein bisschen wie eine Mutter, die ihr Kind kritisch, aber gleichzeitig äußerst liebevoll begutachtet, beäugt und durchcheckt, weil sie sich nur das beste für es wünscht!
Sorry, Alex, wenn Du das wüsstest!

Das Konzert endet dann schließlich ohne weitere Zeremonie und genauso heftig wie es begonnen hat.
So beschalllllllllllllllllt wandern wir wieder nach draußen.
Tief durchatmen!
Das war´s also! Hat es sich gelohnt? Auf jeden Fall! Genug Stoff für jahrhundertelanges Nachdenken!

Seufz….aber später erst…jetzt sollte ich vielleicht doch erstmal etwas abschalten, und wir beschließen, den Abend eventuell mit einem Kinobesuch zu beenden („krönen“?).
Harry auf Englisch – das wär´s!
Meine Frage nach einer Potter Originalversion wird im Cinedom Köln mit einer Gegenfrage beantwortet:: „Was ist denn das – „die Originalversion“?“
??
„Englisch?“ – Nö, haben sie nicht, auch noch nie gehabt….
Medienhauptstadt Köln? Wo bist Du?

Wir traben also doch zurück zum Hotel, genießen noch bis zum nächsten Regenschauer auf der Promenade den Blick auf Rhein, Dom und Hohenzollernbrücke.

Der Fernseher schaltet automatisch ein, sobald wir unser Zimmer betreten – Service des Hauses - wir wählen VIVA (können wohl nicht genug kriegen), und trauen unseren Augen kaum: Über die Mattscheibe flimmert das neueste Video von – nicht The Calling, sondern „unserer“ (lauten) Vorgruppe (ZED)! Was für ein Zufall?
(Das besondere Glück allerdings diesmal: wir haben einen Lautstärkeregler, den wir benutzen dürfen (und werden!)! Juhu!)!

Das Frühstück am nächsten Morgen: sündhaft teuer – aber wie voriges Mal ein Gedicht ( mit mehreren Strophen)!
Alex haben wir hier im luxuriösen Hyatt´schen Wintergarten übrigens nicht getroffen, da bin ich sicher, denn auch zwischen all dem Köstlichkeiten, Omeletts, frisch gepressten Säften und Waffeln hätte ich ihn garantiert nicht übersehen können, auch wenn ich immer noch ein bisschen benommen bin und mein rechtes Ohr doch bedenklich schwächelt….